Krajewski, Andrej (1810 - 1889)

1810 wurde er in Moskau in einer mittellosen Familie geboren. 
1825 belegte er an der Moskauer Universität die philosophische Fakultät.
 
1831 wurde er durch persönliche Unbilden zur Aufgabe seines Studiums gezwungen und musste seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten.
 
1834 arbeitete er im Departement des Ministeriums der Volksaufklärung und gab in Privathaushalten Unterricht. Schnell fiel er durch sein talentiertes Handeln auf und wurde in Folge durch den Fürsten F. Odojewski in die damaligen literarischen Kreise St. Petersburgs eingeführt.
 
1836 scheitert der Versuch der Herausgabe der Zeitung „Russische Sammlung“.
 
1836 - 37 war er einer von fünf Mitverlegern des "Zeitgenossen".
 
1839 übernimmt er die „Vaterländischen Annalen“. Die sind völlig abgewirtschaftet und besitzen einen skurrilen Ruf. Krajewski wandelte das Blatt innerhalb kurzer Zeit zu einem populären und gewinnbringenden Unternehmen.
 
Belinski leitete die Rubrik "Kritik" in den „Vaterländischen Annalen“ (1839 - 1846). Unter der Ägide Belinskis arbeiteten somit in der Zeitschrift die angesagtesten Schriftsteller, Dichter, Kritiker - diverser Richtungen und Generationen. Krajewski soll die Zeitschrift vor allem als erfolgreiches kommerzielles Unternehmen betrachtet haben. Unbesehen davon versammelte er zu dieser Zeit fast alles was Rang und Namen hatte, so z. B. Turgenjew.
 
1840 beginnt Krajewskis Zusammenarbeit mit Nekrassow.
  
 Krajewski 1845
 
Mit Ausnahme von „Pulsonkow“, „Arme Leute“ und „Roman in neun Briefen“ erschienen vor Dostojewskis Verbannung all seine Werke in den „Vaterländischen Annalen“.
 
Im Laufe der Zeit konzentrierten sich im Kreise der „Vaterländischen Annalen“ viele oppositionelle Kräfte, was zahlreiche Denunziationen nach sich zog.
 
1840 wurden die „Vaterländischen Annalen“ die populärste Zeitschrift des Landes.
Mit dem Erfolg forderte Krajewski zunehmend, dass Personen, die bei ihm veröffentlichten, dies nur noch ausschließlich bei ihm taten. Die Beziehung zu Belenski gestaltete sich zunehmend schwierig.
 
November 1845 an seinen Bruder Michail:
„Krajewskij, der vor niemand Respekt hat und alle schneidet . . .“
Piper; Briefe S. 49
 
1846 wechselte Belinski zu Panajews und Nekrassows „Zeitgenosse“. Belinski folgte eine ganze Gruppe von Mitarbeitern zum „Zeitgenossen“. Krajewski wurde Ziel diverser polemischer Angriffe.
Dostojewski hingegen gehört dieser Gruppe nicht an. Er steht mit mehreren Vorschüssen bei Krajewski in der Schuld und vermag sich daraus nicht zu lösen. Grundsätzlich schreibt er gegen Vorschuss.
Vgl. Kjetsaa S. 80
 
Oktober 1846 an seinen Bruder Michail:
„Ich schreibe an einer neuen Erzählung (Die Wirtin). Ich habe diese Erzählung für Krajewski bestimmt. Die Herren vom Zeitgenossen mögen mir darüber zürnen; es rührt mich wenig."
Ebenda S. 60
 
November 1846 an seinen Bruder Michail:
„Ich muss Dir mitteilen, dass ich alle Beziehungen zum `Zeitgenossen` in Form von Nekrassow abgebrochen habe. Er ärgerte sich, weil ich auch für Krajewski schreibe.
(. . .)
Krajewski hat sich so darüber gefreut, dass er mir zusätzliches Geld gab und außerdem alle meine Schulden bis zum 15. Dezember zu bezahlen versprach.“
Ebenda S. 63
 
Einen Monat später liest sich es etwas anders.
 
Dezember 1846 an seinen Bruder Michail:
 „Ach wann werde ich endlich diese Schulden los! Krajewskis System hält mich in Knechtschaft und Abhängigkeit. Auf diese Art geht alles vor die Hunde, Talent und Jugend, Hoffnung und Schaffensfreude.“
Kjetsaa
 
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass Dostojewski noch in kurzer Zeit zuvor das Erbe seines Vaters zur Verfügung stand und auch seine Honorare recht großzügig ausfielen.
 
Januar 1847 an seinen Bruder Michail:
„Gegen Frühjahr mache ich bei Krajewski eine große Anleihe und schicke Dir bestimmt 400 Rubel.“
Briefe, Piper S. 66
 
April 1847 an seinen Bruder Michail:
„Ich werde bei Krajewski nach Abschluss des Romans (Netotschka Neswanowa) 1.000 Silberrubel Vorschuss nehmen und nicht anders als auf eine unbestimmte Frist.“
  
 Karikatur (1848) des   Malers N. Stepanow im "Illustrierten Almanach"
 
Krajewski versuchte, den progressiven Charakter der „Vaterländischen Annalen" zu bewahren. 1848 erschien jedoch, begründet in der Furcht vor Repressalien, der Artikel "Russland und Westeuropa in der gegenwärtigen Minute“, der sich anbiedernd für slawisch-monarchistische Ideen einsetzte. Die Zensur war besänftigt. Dessen ungeachtet wurde Krajewski bereits zum Ende des Jahres zur Dritten Abteilung vorgeladen. Dort wurde ihm mit der Einstellung der Zeitschrift gedroht. In Folge besetzten „Die Vaterländischen Annalen“ konservative Themen. Der progressive Charakter verblasste zusehends.
 
1852 hat Krajewski die vor sich hin dümpelnde Zeitung "Russischer Invalide" mittels einer Art Pacht übernommen, innerhalb von einigen Jahren zum Erfolg gebracht und damit seinen materiellen Wohlstand begründet. (Bereits Ende der sechziger Jahre wurde Krajewski einer der größten Aktionäre der Zarskosselski Eisenbahn.)
 
1862, bei einem jährlichen Einkommen von 50.000 Rubel, wurde ihm der Pachtvertrag nicht mehr verlängert. Er war genötigt, sich neu zu orientieren.
 
1863 begann er, die gesellschaftspolitisch gemäßigte-liberale Zeitung "Stimme" hinauszugehen.
 
1870 ist sie mit 23tausend Exemplaren  eine der erfolgreichsten russischen Zeitungen.
 
1883 setzt die Zensur der „Stimme“ ein Ende. Damit endet Krajewskis journalistische Tätigkeit.
 
1878 wurde er zum Vorsitzenden der Kommission für die Volksbildung in Sankt Petersburg gewählt. Dieses Amt füllte er bis zu seinem Lebensende aktiv aus. Daneben war er unter den Gründern der „Gesellschaften für die Unterstützung bedürftiger Literaten und Gelehrter" und weiterhin noch Mitglied zahlreicher wohltätiger Gesellschaften, Institutionen und Kommissionen.
 
Widersprüchliche Einschätzungen der Person Krajewskis bestanden und bestehen nach wie vor. Es existieren Fürsprecher und Widersacher:
Einerseits jemand, der mit seinem außerordentlichen organisatorischen Talent nicht wenig für die Entwicklung der russischen Literatur geleistet hat. Andererseits   der prinzipienlose Geschäftemacher, der die Orientierungen der Ausgaben je nach der Konjunktur leicht tauschte und sein Fähnchen in den Wind hängte. Einerseits die rücksichtlose Geschäftstüchtigkeit und andererseits hohes moralisches Bestreben. Dostojewski umreißt diesen Sachverhalt in seinem Tagebuch mit dem Euphemismus, Nekrassow habe eben einen "praktischen Sinn" besessen.