Der Panslawist

"Ich habe in vieler Hinsicht rein slawophile Überzeugungen, obschon ich vielleicht nicht vollends Slawophile bin."
Dostojewski im Tagebuch eines Schriftstellers
 
 
"In seinem religiösen Bewusstsein ist Dostojewski niemals zu endgültiger Einheit gelangt, hat innere Widersprüche nie ganz überwunden, er war noch unterwegs."
Berdjajew, Weltanschauung Dostojewskis
 
In seinen "Beiträgen über die Literatur" wettert Dostojewski noch vehement gegen die Slawophilen:
"Es sind alles die gleichen Slawophilen, es ist das gleiche unverfälschte, idealisierte Slawophilentum, das sich keinen Deut verändert hat, bei dem Ideal und Wirklichkeit nach wie vor so eigenartig nebeneinander vermengt sind, für das es keine Ergebnisse gegeben und das keine Lehren angenommen hat. Es sind die gleichen Slawophilen, mit derselben stets gleichen Feindschaft gegenüber allem, was nicht zu ihnen gehört, und mit derselben Unfähigkeit zur Aussöhnung, mit derselben eifernden Intoleranz und kleinlichen, so völlig unrussischen Förmlichkeit."
Eine verfängliche Frage, Aufbau-Verlag 1988 S. 250
 
"Der ganzen Welt, steht eine Erneuerung durch die russische Idee bevor, . . . das ist mein heiliger Glaube. Aber damit sich dieses Werk vollende, ist es nötig, das dem großrussischen Volk politisches Recht, sowie Vorrang gegenüber der gesamten slawischen Welt, und zwar endgültig und unwiderruflich."
Genf, Februar 1868 > Dostojewski in einem Brief an Majkow
 
„Unser Staat gründet auf dem Prinzip der Liebe, nicht der Eroberung, und auf diesem großartigen Gedanken (den die ersten Slawophilen, wie es scheint entdeckt haben) läßt sich vieles aufbauen. Diesen Gedanken teilen wir Europa mit, das so gut wie gar nichts davon versteht.“
Genf 2. April / 20. März 1868 > Dostojewski in einem Brief an Majkow
 
 Danilewski, Nikolai Jakowlewitsch (1822 - 1885)
slawophiler Philosoph mit dessen Ansichten sich Dostojewski zusehends
identifizierte bzw. als Anregung begriff

 
Dostojewski:
"Sogar in seinen physischen Fähigkeiten ist der Russe den Europäern unähnlich. Jeder Russe kann alle Sprachen sprechen und den Geist jeder Sprache bis in die Feinheiten erfassen, als sei es seine eigene Muttersprache, eine Fähigkeit, die – verstanden als eine die Nation auszeichnende Begabung – den europäischen Völkern abgeht."
Hielscher, Karla; Dostojewski in Deutschland,  Insel Verlag 1999 S. 16
 
"Ja, Konstantinopel muss uns gehören, nicht nur mit Rücksicht auf den berühmten Hafen, die Meerengen auf den Mittelpunkt der Welt und den Nabel der Erde, nicht nur mit Rücksicht auf die längst erkannte Notwendigkeit für einen solchen Riesen wie Rußland, endlich aus seinem Zimmer, in dem es schon bis an die Decke gewachsen ist, ins Freie zu treten und die freie Luft der Meere und Ozeane zu atmen."
Dostojewskij, Tagebuch eines Schriftstellers, Musarion Verlag München 1922, Dritter Band Oktober 1876 bis Juni 1877; März 1877 Erstes Kapitel S. 270
 
 Konstantinopel um 1910        (c) Zoom
 
"Wir Russen sind wirklich unentbehrlich für die ganze Christenheit des Orients, wie auch für die Zukunft der Rechtgläubigkeit auf Erden und ihre Einigung."
Ebenda S. 282
 
"Wir Russen müssen die Synthesis bilden; das heißt, wir müssen zusammenfassen, wir müssen den Zusammenfluss aller europäischen Kulturen bilden. Denn wie wir alle Sprachen sprechen, alle Zivilisationen verstehen, so verstehen wir auch alles, was in alle Kulturen hineingewirkt hat, und können es in aller Freiheit wiedergeben."
Ebenda
 
"Jedes große Volk glaubt und muss glauben, wenn es nur lange am Leben bleiben will, dass in ihm, und nur in ihm allein, die Rettung der Welt liegt, dass es bloß lebt, um an die Spitze aller Völker zu treten, sie alle in das eigene Volk aufzunehmen und sie, in harmonischem Chor, zum endgültigen und vorbestimmten Ziel zu führen."
Ebenda
 
"Panslawismus - ja, aber ohne Polen und unter Führung Russlands. Alles Polnische wird von Dostojewskij in seinen Romanen sarkastisch behandelt."
Gerigk; Dostojewskijs Entwicklung als Schriftsteller 2013 S. 148