und die Dramatik


„Bereits in der frühen Dostoevskij-Forschung wurde mit Recht auf die starke dramatische Schicht der Dostoevskijschen Epik hingewiesen, auf eine wichtige künstlerische Eigenart der Dostoevskijschen Romane, die übrigens auch den Dramen Friedrich Schillers verpflichtet sein dürfte.“
Wegner, Michael; Zur Modernität des Dostoevskijschen Romantypus
 
„Wenn Hegel sagt, dem epischen Helden werde sein Schicksal gemacht, der dramatische Held aber mache sich sein Schicksal selbst, so gilt das nicht nur für das Dramenwerk Schillers, sondern auch für die fünf großen Romane Dostojewskijs. Es sind `dramatische` Romane im gattungsspezifischen Sinne.“
Gerigk; Ein Meister aus Russland  S. 46
 
1841 schrieb Dostojewski an den Dramen Boris Gudunow und Maria Stuart, die als verschollen gelten.
Anfang des Jahres 1844 schrieb er wohl an einem dritten Drama, namens Zid Jankel.
 
Mit der Absolvierung der Ingenieurschule im Jahre 1843, mietet er eine eigene Wohnung und besucht allabendlich Theater und Oper.
Vgl. Kjetsaa; Dostojewski Sträfling - Spieler - Dichterfürst S. 21
 
30. September 1844 an seinen Bruder Michail in einem Brief:
„Du sagst, meine Rettung sei das Drama. Die Inszenierung erfordert doch Zeit. Die Bezahlung auch.“
Briefe; Piper S. 39
 
Dostojewski 1845 an seinen Bruder Michail:
„Vom Dramenschreiben will ich nichts wissen. Dazu brauche ich Ruhe und Mühe. (. . .) Im Sommer werde ich vielleicht doch noch versuchen, etwas zu schreiben. Wollen wir noch 2 oder 3 Jahre abwarten!“
Ebenda  S. 43
 
„Ebenso charakteristisch für die dramatische Veranlagung Dostojewskis ist, dass die Hauptknoten der Handlung schon zu Beginn seiner Romane geschürzt, die großen Konflikte fertig, reif zur Explosion, vorliegen, ihre langsame Vorgeschichte, ihr Heranreifen nicht miterlebt, sondern der rückschließenden Wirkung der Handlung auf den Leser überlassen wird.“
Luxemburg, Rosa; Vorwort zu Korolenko - Die Geschichte meines Zeitgenossen
 
Im Winter1852 führte er im Zuchthaus von Omsk die Regie zur Aufführung eines Theaterstückes durch die Gefangenen.
Vgl. Kjetsaa; Dostojewski Sträfling - Spieler - Dichterfürst S. 137
 
„Doch die Faszination durch die Bühne hörte niemals auf; wir hören aus dem Winter 1859 von Plänen für eine Tragödie, und ganz am Schluss seines schöpferischen Lebens, im Sommer 1880, überlegte Dostojewskij, während er am elften Buch Karamasow arbeitete, ob er nicht eine der Hauptepisoden des Romans zu einem Stück umarbeiten solle. Er war mit der dramatischen Literatur durchaus vertraut, und seine Kenntnisse von ihr waren umfassend.“
Steiner; Tolstoj oder Dostojewskij  S. 128
 
Er las regelmäßig die Theaterkritiken. Zudem hatte er eine enge Beziehung zu der recht bekannten Schauspielerin Schubert und somit ebenfalls eine große Nähe zum damaligen Theaterbetrieb.
 
 Alexandra Iwanowna Schubert  1827 - 1909
 
„Laut Dostojewski müssten alle Dramatisierungsversuche scheitern, die nicht ein vollkommen neues, frisches Werk schaffen würden. Damit der Bearbeiter bzw. Dramaturg genügend Raum für seine neuen Ideen besitze, solle bei einer guten Dramatisierung aus dem ursprünglichen Roman höchstens ein Gedanke oder eine Begebenheit erhalten bleiben. Die Form des Romans darf im Drama nicht mehr sichtbar und fühlbar sein“
Räber-Schneider; Deutschsprachige Dostoevkij-Inszenierungen S. 26
In Anlehnung an L. Grossmann

 
Bei Paul Ernst heißt es in Völker und Zeiten im Spiegel ihrer Dichtung: „ . . . zu den erzählten Dramen Dostojewskijs mit ihrer fieberhaften Spannung, mit ihrer Verneinung des epischen Behagens.“
 
„Im Dorf Stepantschikowo hat Dostoevskij erstmals das Strukturprinzip des Dramas angewandt (das übrigens auch für Onkelchens Traum gilt).“
Neuhäuser; Frühwerk S. 192
 
Zur Anwendung des "dramatischen Prinzips" in Dostojewskis Werken finden Sie hier einen prägnanten Text.
 
Parallelen drängen sich auf, liest man z. B. diese Anmerkungen zu Schillers Schaffen:
„Er operierte stets an der Front der möglichen Wirkungen. Von dorther, vom Effekt, war seine Arbeit am Werk bestimmt. Schiller war kein Autor, der nur von innen kommt, Intimität war nicht seine Sache. Das Drama ist für Schiller eine streng kalkulierte Affekterregungskunst, eine Maschine zur Herstellung großer Gefühle.“
Safranski, Rüdiger; Goethe und Schiller – Geschichte einer Freundschaft S. 35
 
"Schiller verbindet die Techniken der Verlangsamung und der Beschleunigung. Aus der langen, verwickelten Geschichte Wallensteins schneidet Schiller einige wenige Tage heraus."
Ebenda  S. 212
 
"Schiller entscheidet sich nicht für einen bunten Bilderbogen über das Leben und Sterben der Maria Stuart, sondern beschränkt kunstvoll die Stoffmassen durch die Konzentration auf die letzten Tage Marias."
Ebenda S. 252
 
„So gab er 1860 sein schauspielerisches Debut in Gogols Revisor. Dostojewski suchte sich die Rolle des neugierigen Postvorstehers aus - `eine der komischsten Rollen, nicht nur bei Gogol, sondern im gesamten russischen Theaterrepertoire`. Das Publikum kam in den Genuss, einen glänzenden Komiker zu sehen.“
Kjetsaa; Dostojewski Sträfling – Spieler -Dichterfürst S. 184
 
„Die psychologische Epoche, die in Nietzsche, Dostojewski und Ibsen gipfelte, hat einen eminent schauspielerischen Untergrund. Mit dem Hochkommen dieser Epoche wird das Interesse für Theater und Schauspielkunst universal.“
Ball, Hugo; Schriften zum Theater, zur Kunst und Philosophie (1909 - 1926)