Tod der Ehefrau



Herbst des Jahres 1863:
Dostojewski reist weiter nach Bad Homburg, wo er weiterhin spielt und verliert. Zerknirscht reist er schließlich nach St. Petersburg zurück und eilt zu seiner immer schwächer werdenden, dahinsiechenden Frau Marja Dmitrijewna, um sie im Herbst 1863 von Vladimir ins trockenere und gesündere Klima von Moskau zu bringen.
Den ganzen folgenden Winter 63/64 verbringt er an ihrem Bett, obwohl er selbst unter häufigen epileptischen Anfällen und einer schmerzlichen Blasenerkrankung zu leiden hat. In ihren letzten Tagen begann sie wohl noch zu halluzinieren und wollte durch Ärzte in der Ecke sitzende Teufel vertreiben lassen. Der Frühling verschlechterte ihre Situation maßgeblich.
 
14. April 1864 an seinen Bruder Michael:
"Später wurde Marja sehr schlecht. Sie verlangte nach dem Geistlichen. Ich ging, um Alexander Petrowitsch zu holen und schickte nach dem Priester. Die Sakramente erhielt sie um 4 Uhr morgens."
 
15. April 1864 an seinen Bruder Michael:
"Wir alle erwarteten das Ende, wir waren alle an ihrer Seite. Sie nahm von allen Abschied, versöhnte sich mit allen, machte Ordnung mit allem."
 
In der Nachschrift zu obigem Brief heißt es:
"Marja Dimitrjewa stirbt sanft bei vollem Bewußtsein, Pascha (den Sohn) hat sie im Geiste gesegnet."
Marja hatte Ihren Sohn jedoch bei Lebzeiten bereits verstoßen und wollte ihn nicht am eigenen Sterbebett sehen. Dostojewski an seinen Bruder Michail:
"Er ist ein Taugenichts! Noch eins, Bruder: Er wird mir später womöglich vorwerfen, dass ich ihn nicht nach Moskau geholt habe, um ihn von seiner Mutter Abschied nehmen zu lassen. Doch Marja Dimitrijewna weigert sich entschieden, ihn zu sehen, und hat ihn damals von sich aus fortgejagt aus Moskau. Sie hat ihre Ansicht auch jetzt noch nicht geändert. Sie will ihn nicht sehen."
Schröder, Ralf; Dostojewski - Briefe Band 1, Insel Verlag  S. 294
 
Nach langer leidvoller Krankheit, der Tuberkulose, verstirbt sie am 16. April 1864, in der Gegenwart ihres Mannes. Zuvor lebte sie faktisch bereits ca. zwei Jahre allein und wurde durch Dostojewski gelegentlich besucht. Eine faktische Beziehung ist im eigentlichen Sinn und in ihren letzten Jahren mit anzunehmender Sicherheit nicht zu konstatieren.
 
 Maria Dimitrijewna Issajewna kurz vor ihrem Tod
 
Dostojewski erklärt in einer Meditation, geschrieben neben der Leiche seiner Frau am 16. April 1864, dass „Das `liebe alles andere ebenso wie dich selbst` auf Erden unmöglich ist, weil es dem Gesetz von der Entwicklung der Persönlichkeit widerspricht.“
Steiner, George; Tolstoij oder Dostojewskij - Analyse des abendländischen Romans
(Diesen mehrseitigen von Dostojewski geschriebenen Text mit dem Namen "Meditationen an der Bahre" findet man in dem Buch "Der andere Dostojewski" 1926 von Rene Fülöp-Miller. Das Buch ist auch als Reprint erhältlich.)

 
„Nie hatte er es erreicht, von einer Frau wirklich geliebt zu werden, und je hektischer er sich darum bemühte, desto weniger gelang es ihm, so dass er schließlich, nach dem Tod Marias, allen möglichen Frauen Heiratsanträge machte – und jedes Mal einen Korb bekam.“
 
In diesen Wochen schreibt Dostojewski seine Aufzeichnungen aus dem Kellerloch.
 
Anzahl und Intensität der epileptischen Anfälle Dostojewskis steigt.