Grigorowitsch, Dimitri (1822 - 1899)


Zwischen Dostojewski und ihm bestand ein freundschaftliches, jedoch nicht allzu intimes Verhältnis. Zu dem Schluss gelangt man wohl, wenn man Grigorowitschs geschriebene Erinnerungen zu Rate zieht. Sie zählen zu den wenigen Quellen, die Dostojewskis erste Schritte in die literarischen Kreise, sein Verhältnis zu Belinski, als auch die Reaktionen auf seine Werke (vor der Verbannung) beleuchten.Vgl. Briefe S. 656
 
Grigorowitsch ist ein eleganter, nach der letzten Mode gekleideter Herr. Er ist der Sohn eines reichen Aristokraten und einer Französin und erfreut sich des größten Erfolgs bei jungen Damen.
Rachmaninowa S. 237
 
Er wurde mit acht Jahren auf eine französische Schule in Moskau, sowie später auf die Ingenieursschule in Sankt Petersburg geschickt.
1836 bis 1840 besuchte er die gleiche Ingenieurschule wie Dostojewski. Beide freundeten sich dort an. Grigorowitsch gibt an, dass sein literarisches Interesse durch die Bekanntschaft mit Dostojewski massiven Auftrieb erhielt.
 
1840 brach Grigorowitsch das Studium ab und wechselte später auf die Petersburger Kunstakademie und studierte Kunstgeschichte. In dieser Zeit lernte er Nekrassow kennen, der ihm später anbot, im Physiologie-Almanach eine Kurzgeschichte zu veröffentlichen (1845). In diesem Text findet man ausschließlich Skizzen über die einfache Unterschicht. Der Text wiederum stieß auf das Interesse Belinskis. Derart entwickelten sich vielfältige Beziehungen zu den literarischen Größen dieser Zeit.


Grigorowitsch, Dimitri Wasiljewitsch 1854


D. W. Grigorowitsch in seinen Erinnerungen:
„Zuletzt beschlossen wir, gemeinsam eine Wohnung zu beziehen. Meine Mutter schickte mir monatlich fünfzig Rubel, Dostojewski bekam von seinen verwandten in Moskau nahezu ebenso viel. Nach den damaligen Verhältnissen war die Summe von hundert Rubel für zwei junge Leute völlig ausreichend; wir verstanden aber nicht zu wirtschaften und das Geld reichte uns gewöhnlich nur für die ersten vierzehn Tage, den Rest des Monats lebten wir von Semmeln und Malzkaffee.“
F. M. Dostojewski – Briefe, Piper 1920 S. 235
 
1846 veröffentlichte Grigorowitsch sein erstes größeres Werk, die Novelle „Das Dorf“. Im Mittelpunkt steht das Leben des einfachen Bauern. Turgenjew bezeichnete diese Novelle als ersten Versuch einer „Annäherung unserer Literatur mit dem Volksleben“. Grigorowitschs Thema - bis er der Literatur abschwört. Andererseits brachten ihm diese Novelle und weitere Werke reichlich Kritik dahingehend ein, als dass er das Schicksal des einfachen Menschen idealisiere und verkläre.
Er ist der Strömung der „Neuen Schule“ zuzurechnen.
 
Diese vermehrte Kritik bewegte Grigorowitsch Anfang der 1860er-Jahre letztendlich dazu, mit der Redaktion des „Zeitgenossen“ zu brechen und für mehrere Jahrzehnte jegliche literarische Tätigkeit aufzugeben.

Nach Dostojewskis Bruch mit dem Sovremennik-Kreis kühlte seine Kommunikation mit Grigorovich merklich ab. Dostojewskis Haltung gegenüber einem Kameraden seiner Jugend zeigte sich vielleicht am deutlichsten in einem Eintrag aus einem Arbeitshedt von 1876-1877: „Herr Grigorovich, der einen Ausländer vertritt, der die russische Sprache gelernt hat. Dies ist ein Ausländer im russischen Volksleben, der einige Zeit als Russe galt ... “
In Briefen an A. Dostojewskaja aus Moskau von den Puschkin-Feierlichkeiten von 1880 erwähnt Dostoevsky seine Treffen mit Grigorovich mehrmals in einem eher abweisenden Ton.

Erst in den 1890er-Jahren schrieb Grigorowitsch wieder mehrere Bücher.