Haarsträubende Konditionen




„Wie dramatisch sich seine Einkommenssituation darstellt, zeigt am 5. Juni 1865 die polizeiliche Androhung der Beschlagnahme seiner gesamten beweglichen Habe wegen Nichteinlösung zweier Wechsel, die eine hektische und zunehmend verzweifelte Suche nach Geld auslöst.
 
Ein neuerlicher Kreditantrag beim Literaturfond in Höhe von 600 Rubel, der ihm umgehend am 7. Juni gewährt wird, weil ihm, wie er in seinem Unterstützungsgesuch hervorgehoben hatte, der Schuldenturm drohe, erspart im zwar vorerst die Schuldhaft, löst aber nicht das Problem der Finanzierung seiner Europareise.
Am 8. Juni bietet er Krajevskij für ein im Voraus zu zahlendes Honorar von 3.000 Rubeln einen Roman mit dem Arbeitstitel `Der Trinker` an, den Vorläufer von `Verbrechen und Strafe`. Als Krajevskij ihm am 11. Juni eine Absage erteilt, wendet sich Dostoevskij an den Verleger Fedor Stellovskij.“
Guski, Andreas; "Geld ist geprägte Freiheit". Paradoxien des Geldes bei Dostoevskij (I). In: Dostoevsky Studies, Vol. XVI (2012), S. 30
 
 Apollinarija Prokofjewna Suslowa (1834–1916)
 
Der als skrupellos bekannte Verleger Stellowski hatte Dostojewski 1865 für 3.000 Rubel* die Rechte für eine dreibändige Werkausgabe der bereits erschienen Werke abgekauft. Die 3.000 Rubel kamen jedoch kaum zur Auszahlung. Stellowski hatte alte Wechsel von Dostojewskis Schuldnern aufgekauft und verrechnete sie mit dem zu zahlenden Honorar.
 
Weiterhin war es Teil des Vertrages, bis zum 1. November 1866 einen neuen Roman abzuliefern. Im Falle der Nichterfüllung bis zum ultimativen Termin drohte Dostojewski eine empfindliche Konventionalstrafe; nach dem ersten Dezember sollten die Rechte an seinen - bisherigen und künftigen - Werken endgültig an Stellowski übergehen - ohne dass Dostojewski auch nur einen Rubel bekommen hätte.
vgl.
S. 64 „Dostojewskij“ Janko Lavrin; Rowohlt Verlag Hamburg, 1998
S. 570   „Dostojewskaja -Tagebücher“ Athenäum Verlag, 1985
S. 549 „Gesammelte Briefe - Dostojewskij“ F. Hitzer; Piper Verlag München, 1966

 
„Anna Grigor`evna zufolge hatte ihr Mann von Stellovskijs 3.000 Rubeln keine einzige Kopeke zur eigenen Verfügung. Dostoevskij selbst jedoch schreibt an Turgenev, ihm seien von Stellovskijs Geld 175 Rubel geblieben. (…)
Für eine Europareise ist das zwar denkbar wenig, doch reicht es offenbar aus für die Bahnfahrt nach Wiesbaden, ein paar Übernachtungen und erste Einsätze beim Roulette.“
Guski, Andreas; "Geld ist geprägte Freiheit". Paradoxien des Geldes bei Dostoevskij (I). In: Dostoevsky Studies, Vol. XVI (2012), S. 31
 
*
„Für Dostojewski scheinen 3000 Rubel schon fast zu einer magischen Zahl, zu einem Symbol für `Geld` geworden zu sein. Dieser Betrag erscheint immer wieder in seinen persönlichen Geschäften (später zum Beispiel als Jahresgehalt bei der Zeitschrift `Der Staatsbürger`) wie auch in seinen Werken (z. B. bei den verhängnisvollen Nöten von Dimitrij Karamasow).“
Braun, Maximilian; Dostojewskij – Das Gesamtwerk als Vielfalt und Einheit S. 108