und Geld

"Es gibt kaum einen Brief, eine Tagebuchnotiz bei Dostojewski, wo nicht von Geld gesprochen wird – keinen Romanhelden, der nicht mit Geld zu tun hat, meistens extrem arm ist oder extrem reich; und das ist kein Zufall. (. . . ) Geld gehört zu seiner Religiosität."
Böll, Heinrich; Über Dostojewski


Dr. Janowski, der Dostojewski jahrelang behandelt hat: „Dostojewski gehörte zu jenen Menschen, die ewig über Geldnot klagen und Geld zu sparen nicht verstehen. Immer baute er Luftschlösser, träumte davon, sehr reich zu werden und allen, die in Not sind, zu helfen."
Zenia Maurina  S. 22 

Dostojewski litt unter ständigem Geldmangel, da er nahezu jeden Rubel verschwendete, der in seine Hände fiel. Er ging mit seinem Geld großzügig und impulsiv um, und borgte sich bereits wieder Geld gegen zu erwartendes Geld.
Vgl. Belschikow; Dostojewski im Prozess der Petraschewzn

Februar 1846 (kurz nachdem seine Arme Leute erschienen waren) – Dostojewski an seinen Bruder Michail:
„Ich habe auch sonst eine Menge Geld verdient, sodass ich nach unserer letzten Begegnung mehr als 3.000 Rubel verlebt habe. Ich lebe eben sehr unordentlich, das ist die Sache. Ich bin aus der alten Wohnung ausgezogen und nahm mir zwei herrlich möblierte Zimmer als Untermieter. Ich lebe so sehr gut.“
Briefe, Piper S. 53

„Er hatte aus Moskau 1.000 Rubel erhalten. Doch schon am nächsten Morgen“ erzählt Dr. Riesenkampf, „kam er schon wieder in seiner leisen, schüchternen Art in mein Schlafzimmer und bat mich, ihm 5 Rubel zu leihen.“
Riesenkampff, Guenther, Dostojewski in den Erinnerungen seiner Zeitgenossen  S. 48

"Der Widerspruch zwischen diesem Umgang mit Geld und der rechnerischen Genauigkeit in seinen vielen finanziellen Klagebriefen ist phänomenal."
Dostojewski; Briefe, Reclam 1981

Eine 2-Rubelmünze, herausgegeben anlässlich Dostojewskis 175. Geburtstag
Quelle: Wiki-Commons

„An den Schulden des Bruders und der Zeitschrift Epocha hat er bis ein Jahr vor seinem Tode gezahlt. (. . .) Er gab Wechsel ohne jede Überprüfung der Rechnung, und oft stellte sich später heraus, daß sie bereits vom Bruder bezahlt waren. Worauf Dostojewski erklärte: `Da sieht man, wohin die Not die Menschen bringen kann.` Er machte es wie sein Idiot.“
Maier Gräfe

"Dostojewski hatte gar nicht nötig, sich immer vorzuhalten, daß Geld etwas Böses sei, und daß man sich von jedem Besitz lossagen müsse: er litt bittere Not und legte dem Geld, wenigstens in seinem Bewußtsein, große Bedeutung bei, so oft er aber welches in Händen hatte, ging er damit so um, als ob es für ihn nicht einmal etwas Böses, sondern purer Unsinn wäre."
Mereschkowski; Tolstoi und Dostojewski

Im Jahr 1873 beginnt Anna Dostojewskaja, das bisherige Werk in einer neuen Ausgabe herauszugeben; mit Erfolg:
„Im Januar 1873 erschienen Die Besessenen in 3.500 Exemplaren, im Januar 1874 der Idiot in 2.000 und im Dezember 1875 erscheinen die Die Memoiren aus einem Totenhaus in 2.000 Exemplaren. Im Dezember 1876 Schuld und Sühne und im November 1879 Erniedrigte und Beleidigte, in 2.400 Exemplaren.
(. . .)
Man hat ferner nach seinem Tode ein Blatt in seinen Rechenbüchern gefunden; darauf die aus seinem Werke allein bezogenen Einkünfte mehrerer Jahre genau verzeichnet waren.

Dazu kamen jene Summen, welche der Dichter für die in den Zeitschriften erscheinenden neuen Romane erhielt. So zahlten ihm die `Vaterländischen Annalen` im Jahre 1875 für den Druckbogen des Romans Junger Nachwuchs 250 Rubel und der `Russische Bote` für die Brüder Karamasow (1879 - 80) 300 Rubel.“
N. Hoffmann, Dostojewsky S. 406

In den letzten Jahren seines Lebens kaufte er seiner Frau Diamanten und teure Vasen aus sächsischem Porzellan, fuhr regelmäßig zur Kur nach Bad Ems, und war am Zarenhof ein gern gesehener Gast.

"So lässt er sich im Mai 1880 einen `Mantel aus englischem Kaschmir`, im Oktober einen Frack mit Weste `aus englischem Tuch mit Seidenfutter` sowie Hosen `aus französischem Tricot schneidern`."

Guski, Andreas; "Geld ist geprägte Freiheit". Paradoxien des Geldes bei Dostoevskij (I). In: Dostoevsky Studies (2012) S. 51 ff

"Das letzte Dokument aus den Händen des Schriftstellers ist ein Brief an seinen Verleger:
`Nach dem Auszug, den mir der Russische Bote zugeschickt hat, kann ich etwa noch 4.000 Rubel erwarten. Ich bin im Moment in schrecklicher Geldnot. Bitte teilen Sie das Michail Nikotorich (Katkow) mit. Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir die ganze Summe sofort zu schicken?`
Brief am 26. Januar 1881 an Lybimow"
Kühn, Christian; Dostojewskij und das Geld. In: DDG Jahrbuch XI  S. 121

Hintergrund dieser Forderung ist aller Wahrscheinlichkeit keine tatsächliche Not(wendigkeit), sondern der sehnliche Wunsch Dostojewskis, selbst ein Stück seines geliebten russischen Bodens sein Eigen zu nennen.
Vgl. Guski, Andreas; "Geld ist geprägte Freiheit". Paradoxien des Geldes bei Dostoevskij (I). In: Dostoevsky Studies (2012) S. 51 ff