Puschkin, Alexander (1799 - 1837)

Alexander Puschkin wurde von den Brüdern Michail und Fjodor besonders geschätzt. 
„Schon in seinem zehnten Lebensjahr lernt er voller Begeisterung Puschkins Gedichte auswendig, und mit der eigenen Reife reift auch allmählich das Verständnis für den Giganten, an dem er das Weltumfassende, das Allmenschliche am tiefsten verehrt, und dem er sein letztes Werk weiht.“
Maurina; S. 19
 
„Als 16jähriger wollte er zu Ehren des im Duell getöteten Dichter Trauerkleider tragen.“
Briefe; Piper S. 683
 
. . . verzichtete jedoch darauf, da kurz zuvor seine Mutter verstorben war.
 
„Im Kreis der Petraschewszen deklamierte er enthusiastisch die von der Zensur verbotenen Freiheitsgedichte Puschkins.“
Ebenda
 
„Die Gestalt des Geizigen Ritters war das Vorbild des Jünglings. (. . .) In den Notizen zum Jüngling stoßen wir mehrfach auf Zitate aus Puschkin, sie sind für ihn förmlich der Pilgerstab auf der Wallfahrt zum eigenen Ich. Entwürfe zum Werk werden von Randbemerkungen unterbrochen: `Sich an Puschkins Folgerichtigkeit bei der Entwicklung der Handlung halten, sich an seine sparsame Wortkunst und an seine Zurückhaltung bei der Ausarbeitung des Sujets halten.` Oder auch: Alles nach der Reihe erzählen, kürzer, alà Puschkin.` Oder: `Ganz schnell erzählen, im Sinne Puschkins.` “
Maurina; S. 262
 
In der Liebe zu Puschkin fußt u. a. sicherlich auch Dostojewskis späterer vehementer Konservatismus. So schreibt Puschkin 1831 anlässlich des Polenaufstandes das Gedicht "Den Verleumdern Russlands". Es richtet sich gegen die europäischen Sympathisanten, die den Aufstand gegen die russische Fremdherrschaft begrüßen. So heißt es darin:
 
„O schweigt! Für euch sind nicht geschrieben
Die blut’gen Tafeln der Geschichte;
Ihr seid dem Streite ferngeblieben
Und unbefähigt zum Gerichte.
Für euch sind Kremlin, Praga stumm;
Nach neuem Kampf seht ihr euch um -
Tollkühnes Wagen ist euch Lust;
Haß gegen uns füllt eure Brust.“

 
"Wir finden hier sowohl den Gedanken von der Einheit aller Slawen in einem von Russland beherrschten Staat, wie auch den Gegensatz zu Europa!"
Neuhäuser: Dostojewskij im Kreuzverhör S. 62
 
"Wie ist es nun mit der Stichhaltigkeit von Dostoevskijs Puschkinbild?
Vieles davon beruht einfach auf Dostoevskijs eigenen Ideen, welche dieser auf Puschkins Werk projiziert hat. (. . .) Tatjana als Verkörperung des russischen Ideals zu setzen erfordert eine Art Blindheit dafür, was tatsächlich in Puschkins Text steht.
(. . .) Freilich liest Dostoevskij seinen Puschkin hier und da auch mit Scharfsinn."
Terras, Victor; Kritische Betrachtungen zu Dostoevskijs Puschkinbild In: Dostoevskij und die Literatur Böhlau Verlag 1981 S. 79
 
"Was nun Puschkins angebliche Universalität betrifft, so wie seiner Gabe `sich im Genius fremder Völker und Nationen zu verkörpern`, so handelt es sich hier wohl um eine recht naive Illusion. Puschkin verwandte in vielen seiner Werke aus den verschiedensten Ländern und Epochen, wie ja andere Dichter seiner Zeit auch. (. . .) Puschkins Ruf als Seher und Prophet beruht zu einem nicht geringen Teil auf Dostoevskijs Weiterentwicklung Puschkinscher Ideen. (. . .) Es liegt auf der Hand, dass Dostoevskijs Puschkinbild gar nicht Puschkins eigenen Ansichten von der Aufgabe und dem Wesen des Dichters entspricht, sondern vielmehr Dostoevskijs Vorstellungen auf Puschkin projiziert."
Ebenda  S. 81
 
Im Rahmen seiner Arbeit an der Onegin-Übersetzung tut Nabokov Dostojewskis Interpretation als „schlampig“ ab:
„Dostojewskis Veröffentlichungen gehören zu jenen Megaphonen monströser Plattitüden, deren Lärm Shakespeare und Puschkin lächerlicher Weise auf die vage Ebene aller Gipsidole der akademischen Tradition reduziert.“
Boyd, Nabokov
 
Die Verehrung Puschkins hält bis zu seinem Tode an und manifestiert sich unzweifelhaft in seiner Puschkin-Rede.