Spieler im Eiltempo



Dostojewski weiß sehr wohl um seinen Knebelvertrag. Er zieht sich jedoch aufs Land zurück und unternimmt keinerlei Versuch, das nahezu unvermeidliche Fiasko zu verhindern.
 
"Am 1. Oktober hat er noch keine Zeile niedergeschrieben, obwohl der Abgabetermin der 1. November war. Mehrere Freunde boten sich an, jeweils einen Artikel zu schreiben. Dostojewski lehnte jedoch in jedem Fall ab."
F. Hitzer;   Gesammelte Briefe – Dostojewskij, Piper S. 549
 
"Freunde wie Majkow, Strachow, Miljukow, die sich ernstlich um ihn Sorge machten, schlugen ihm vor, das Ganze nach seinen Angaben gemeinsam zu schreiben. Jeder wollte einige Kapitel übernehmen. Aber der Schriftsteller wehrte sich entschieden gegen das freundliche Anliegen, eine Arbeit abzugeben die nicht bis ins letzte von ihm selber stammte."
Saeman, Der Leidenschaftliche  S. 112
 
Anna Grigorjewna Snítkina
Sie war in einer kultivierten Beamtenfamilie groß geworden, hatte am deutschsprachigen St. Annen-Gymnasium in St. Petersburg gelernt, um dann Pädagogische Kurse zu besuchen. Diese  Ausbildung musste sie abbrechen. Sie belegte dann kostenlose Stenographiekurse und wurde Dostojewski als erstklassige Kraft empfohlen.
 
Dostojewski wird bedrängt, in diese Hilfe einzuwilligen. Nach anfänglicher Skepsis in Anliegen und Person, entwickelt sich zunehmend eine Art Abhängigkeit der beiden voneinander. Um Liebe im herkömmlichen Sinne handelte es sich dabei vermutlich eher nicht.


Am letzten Tag der Ablieferungsfrist will er das Ergebnis ihrer Arbeit abliefern. Stellowski lässt sich zur Annahme des Werkes verleugnen.
„Am 31. Oktober war er (Stellowski) `vereist` und sein Bürochef erklärte, keine Vollmacht für die Entgegennahme von Manuskripten zu haben. Einer von Dostojewskis juristisch versierten Freunden fand jedoch einen Ausweg: das Manuskript wurde rechtsgültig bei der Polizei deponiert.“
Braun, Maximilian; Dostojewskij – Das Gesamtwerk als Vielfalt und Einheit S. 106