1838 Petersburger Drill
Dostojewskis Bruder Michail wird in Peterburg nicht an der Akademie angenommen. Er muss eine Stelle in Reval antreten. Diese Trennung macht Dostojewski schwer zu schaffen; ist er doch erstmalig tatsächlich auf sich allein gestellt.
Das gesamte Studium über stehen beide Brüder in engem Briefkontakt.
31. Oktober 1838 - Dostojewski an seinen Bruder Michael:
"Bruder, es ist so traurig ohne Hoffnung zu leben. . . Wenn ich vorwärts schaue, so graut mir vor der Zukunft. Ich schwebe in einer kalten arktischen Atmosphäre, in die kein einziger Sonnenstrahl dringt. . . Ich habe seit langer Zeit keinen Ausbruch von Begeisterung erlebt. . . Der Paradiesvogel der Poesie wird mich wohl nie wieder besuchen, er wird nie wieder meine erfrorene Seele erwärmen.
Militäringenieurschule* in St. Petersburg
Ein Mitschüler der Militäringenieurschule zu Dostojewskis Erscheinungsbild:
„Seine krankhafte Eigenliebe, seine moralische Empfindlichkeit und seine körperliche Schwäche zwangen ihn in die Einsamkeit.“
Paul Evdokimov, Der Abstieg in die Hölle, Otto Müller Verlag Salburg, 1965 S. 174
"Fjodor interessiert sich in St. Petersburg mehr für Literatur als für das Pionierwesen oder seine reicheren Kameraden, darunter viele Polen und Baltendeutsche, mit denen ihn nichts verbindet. Eine vernichtende Beschreibung dieser Kameraden gibt er später in seinen Aufzeichnungen aus einem Kellerloch."
Janko Lavrin, Dostojewskij, Rowohlt Verlag Hamburg, 1998 S. 10
So zeigt er jedoch Interesse an den Fächern Zeichnen und Architektur. Dies belegen auch später seine Skizzen auf seinen Entwürfen.
Bibliothek der Ingenieurschule
Sawlejew, ein Erzieher der Einrichtung über Dostojewski:
„Nicht selten geschah es, dass er von nichts Notiz nahm, was sich um ihn herum abspielte; zu vorgesehener Stunde bereiteten seine Kameraden das Abendessen vor, kamen durch das runde Zimmer in den Speisesaal, begaben sich sodann in den Aufenthaltsraum zum Gebet, gingen wieder in ihre Stuben, aber Dostojewski räumte erst dann seine Bücher vom Tisch, als der Trommler zum Schlafen trommelte, den Zapfenstreich schlug und ihn dazu zwang, seine Arbeit zu unterbrechen.“
Ein Klassenkamerad über ihn an der Schule:
„Er hielt sich immer abseits, und mir kam es so vor, als ginge er dort ständig auf und ab, mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck . . . Er sah immer sehr ernst aus, und ich kann mir ihn weder lachend noch sehr fröhlich im Kreis seiner Kameraden vorstellen.“
Gesammelte Briefe - Dostojewskij, F. Hitzer; Piper Verlag München 1966
Einer seiner damaligen Aufsichtsoffiziere nennt ihn "einen jungen Mann von guter wissenschaftlicher Bildung, festem Charakter und ausgesprochenem Gefühl für persönliche Würde."
Nötzel, Karl; Dostojewski H. Haessel Verlag 1925 S. 29
Der Schlafsaal in der Ingenieurschule
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Der Zar hatte immer Angst vor Anschlägen und ließ das Schloss deshalb mit tiefen Gräben mit Zugbrücken umbauen. Er lebte jedoch nur etwa 40 Tage dort, dann fiel er dem Anschlag seiner Höflinge zum Opfer. Seit 1823 war hier der Sitz der Ingenieurschule. Heute beherbergt es eine Portraitgalerie berühmter Petersburger.