Netotschka Neswanowa

Alias
Nattchen Neswanow   (in Übersetzung von L. A. Hauff 1889)
 
Veröffentlichung
1849 erstmalig in den "Vaterländischen Annalen" Bd. 62, 64
 
Handlung
Ein Waisenkind wird in einer betuchten Familie aufgenommen und freundet sich mit der Tochter der Familie an, um in Folge von ihr getrennt zu werden.
 
Anmerkungen
"Er begann bereits im Januar 1849 zu erscheinen, noch bevor der Schluss des dreiteilig geplanten Werkes vom Dichter niedergeschrieben war. Dieser Schluss ist ungeschrieben geblieben, denn am 23. April 1849 wurde Dostojewski (. . .) als politischer Verschwörer verhaftet und in der Peter-Pauls-Festung interniert, mit anderen jungen Schriftstellern."
F. M. Dostojewski; Sämtliche Werke, Zweite Abteilung: Zweiundzwanzigster Band: Ein kleiner Held - Vier Novellen; Piper Verlag München 1922  S. 5 (aus den Vorbemerkungen)
 
Januar 1849 erschienen die ersten sieben Kapitel.
 
„Die Niederschrift des Romans wurde von der Verhaftung Dostoevskijs unterbrochen. Nach seiner Rückkehr aus Sibirien setzte Dostoevskij dieses Werk nicht mehr fort, es blieb unvollendet. Man weiß nicht, wie umfangreich der Roman geplant war und was in den weiteren Kapiteln noch folgen sollte. Aus diesem Grunde kann man über das Vorhandene nicht urteilen. Die sieben Kapitel machen den Eindruck von mehr oder weniger miteinander zusammenhängenden Novellen.“
Trubetzkoy; Dostoevskij als Künstler S. 72
 
Gründe für die Unvollendetheit Netotschka Neswanowas sind wohl noch über die Verbannung hinaus anzunehmen:
„Dostojewski hat später niemals von der Möglichkeit gesprochen, die gewaltsam unterbrochene Arbeit fortzusetzen (so wie er die Möglichkeit erwog den Doppelgänger umzuarbeiten). Alles spricht dafür, dass er nach seinen sibirischen Jahren an einer Fortsetzung nicht mehr interessiert war, er hatte bereits bessere Konzeptionen im Sinne eines Episodenromans.“
Braun, Maximilian; Dostojewskij - Das Gesamtwerk als Vielfalt und Einheit S. 67
 
„Netotschka Neswanowa ist das erste Werk, in dem Dostojewskis außergewöhnliches Verständnis für die psychischen Konflikte von Kindern deutlich zutage tritt.“
Dostojewski; Weiße Nächte – Frühe Prosa II, Aufbau Verlag 1986  S. 509

 
„Das Werk an dem Dostojewski 1849 zu arbeiten begann, war ursprünglich als Roman konzipiert, mit dem der Autor den Misserfolg der Wirtin wettmachen wollte. `Bald wirst Du meine Netotschka lesen können`, teilte er im Januar/Februar 1849 seinem Bruder mit. `Das wird wie der Goljadkin meine Beichte sein, wenn auch in einer anderen Art und anderem Ton` Beabsichtigt war ein breitangelegter Entwicklungsroman von einer Künstlerin, die ihre hohen Ideale in einer gleichgültigen, statuierten Gesellschaft mit Leidenschaft zu verwirklichen sucht, eine Art `Episodenroman` nach dem Vorbild von Lermontows `Ein Held unserer Zeit`. Dostojewskis Verhaftung machte diesen Plan zunichte und der begonnene Roman blieb ein Fragment, das der Dichter 1860, nach seiner Verbannung überarbeitete und als Erzählung veröffentlichte.“
Ebenda  S. 507
 
„Grossman sieht in Netotschka Neswanowa Dostojewskijs ideologische Antwort auf die damals vielgelesene und vieldiskutierte Erzählung von Alexander Herzen `Die diebische Elster`.“
Braun, Maximilian; Dostojewskij - Das Gesamtwerk als Vielfalt und Einheit S. 66
Braun erörtert in Folge, weshalb auf Grund von objektiven Umständen diese Annahme nicht haltbar scheint.
 
„Mit `Netotschka Neswanowa` unternimmt Dostojewskij den Versuch, die `Geschichte einer Frau` zu schreiben, wie es der erste Untertitel der Druckfassung (1846) des als Fragment vorliegenden Romans ausdrücklich vermerkt. Es ist das erste und das letzte Mal,  dass Dostojewski den Lebensweg zu einem zentralen Thema macht.“
Gerigk, Hans-Jürgen; Dostojewskijs Entwicklung als Schriftsteller S. 312
 

Hier gibt es den Roman zum Online-Lesen und als Download: