Schidlowski, Iwan Nikolajewitsch (1816 - 1871)
„Fjodor und sein Bruder Michail lernten ihn 1837 in Petersburg kennen. Während des Studiums an der Ingenieurschule (1838 - 40) war Dostojewski stark von ihm beeinflusst. Schidlowski war leidenschaftlich, exaltiert und widersprüchlich. (. . .) Er übte einen faszinierenden Einfluß auf seine Umgebung aus.“
Briefe Piper, Anmerkungen S. 688
„Schidlowskis Weltbild war romantisch und pessimistisch; er lebte in permanenter Selbstmordstimmung.“
Ebenda S. 563
Oktober 1831 Dostojewski in einem Brief an seinen Bruder Michail:
„Ach, sehr bald werde ich die neuen Gedichte von Iwan Nikolajewitsch nochmals lesen. Welche Poesie! Wieviel geniale Ideen!“
Briefe S. 20
Als sich Schidlowski und Dostojewski kennenlernten hatte Schidlowski gerademal das Universitätsstudium abgeschlossen und eine Stelle im Finanzministerium bekommen.
(. . . )
Wenn Dostojewski sich später äußerte, dass Schidlowski ein `großer Mensch“ für ihn wurde, so lag das eher an dessen träumerischer, vielschichtiger Persönlichkeit. Schidlowski war eine typisch romantische Figur, mal vom Glauben an Gott und den Wert der Dichtung erfüllt, dann wieder an der Kluft zwischen Ideal und Wirklichkeit verzweifelnd."
Kjetsaa, Geir; Dostojewski – Der gewaltigste unter den russischen Giganten S. 41
Dostojewski beschreibt ihn folgender Maßen
„Er ist ausgemergelt; die Wangen sind eingefallen, seine früher feuchten Augen waren trocken und flammten; die geistige Schönheit seines Gesichts nahm zu mit seinem physischen Verfall.“
Ebenda S. 44
„Schidlowski war dazu verurteilt, im geistigen Hader mit sich selbst an inneren Widersprüchen zugrunde zu gehen.
(. . .)
Dostojewski dagegen zog großen Nutzen aus dieser Freundschaft. Zwei Jahre lernte er mit seinem enthusiastischen Lehrmeister literarische Meisterwerke kennen, und sicherlich wurde er auch in seinem Vorsatz bestärkt, ein Dichter zu werden.“
Ebenda
„Schidlowski, der in der Jugend Dostojewskis ihn und seinen Bruder in die deutsche Romantik und in den deutschen Idealismus Schellings einführte, hatte sich später auf das Studium der russischen Kirchengeschichte verlegt. Aber sein unruhiges, pseudomystisches Wesen trieb ihn in ein Kloster, von dem er aus eine Wallfahrt nach Kiew unternahm. Dort riet ihm ein Starze, in sein Dorf zurückzukehren, wo er bis zu seinem Tode lebte, ohne sein Novizengewand abzulegen. Aufrichtiger Glaube und tiefe Religiosität wechselten oft mit Skeptizismus und Glaubensverneinung.“
Onasch, Konrad; Dostojewski-Biographie S. 98
Dostojewski zu Solowjew:
"Sie erinnern mich außerordentlich an einen Menschen, einen gewissen Schidlowski, der in meiner Jugend gewaltigen Einfluss auf mich hatte. Sie sind ihm im Gesicht und im Charakter so ähnlich, dass mir manchmal scheint, seine Seele wäre auf Sie übergegangen."
Anna Dostojewskaja, Erinnerungen S. 296