Poem von 1855
Auf den 1. Juli 1855
Im Sommer des Jahres 1855 nahm Dostojewski den Tod von Nikolai I. zum Anlass, um, in der an seine die Zarin Alexandra Fjodorowna gerichteten Elegie, Bitte um Begnadigung vorzutragen.
In seinem Bittschreiben bat Dostojewski darum, das Gedicht der Zarin zu Füßen zu legen.
Laut Wrangels Erinnerungen, verband sich mit diesem Schreiben die Hoffnung auf Veränderung oder gar eine Amnestie. Dostojewski baute darauf, dass nach dem Tod des Zaren eine gesellschaftliche Entwicklung in Gang käme, die seine Rückkehr nach Petersburg befördern könnte.
Zum Inhalt
"Ein Rückblick auf das Jahr 1812 leitet die erste Strophe ein. Die zweite Strophe schildert den Tod des Zaren, die dritte beschwört als Vision die Gestalt seiner trauernden Witwe und führt zu der eindringlichen Bitte um Verzeihung. Nach der ganz autobiographisch fünften Strophe wird in der sechsten und siebenten der Zarin Mitgefühl für den frischen Verlust versichert und sie als Schutzengel ihres Gatten gepriesen. Diesem selbst wird in der achten Strophe eine Laudatio gespendet, die aus dem Munde eines seiner Opfer auch in der geistlich-hyperbolischen Einkleidung, die es gewählt hat, unglaubhaft klingt. Die neunte und zehnte Strophe ermannen sich zu einer ermutigenden Anrede an die Zarin, in ihrer Familie zu neuen Taten weiterzuleben, - noch einmal - zu verzeihen und als magna mater ihr Land zu segnen."
Gerhardt, Dietrich; Dostoevskijs Gedichte und die Literatur In: Schriften des Komitees der BRD zur Förderung der slawischen Studien Band 7 S. 212
Zarin Alexandra Fjodorowna (1798–1860) als Witwe,
im Jahre 1856 Porträt von Franz Xaver Winterhalter
(c) Commons
Auch verbreiteten sich in den literarischen Kreisen von Petersburg Gerüchte über diese Verse und beeinträchtigten Dostojewskis Ruf. Der selbst erinnerte sich später nie mehr an diese poetischen Experimente.
So heißt es u. a. in dem Poem:
„Alles ist zu Ende. Er ist nicht mehr. Ich verehre ihn so sehr,
dass ich mit meinen eignen sünd`gen Lippen seinen Namen nicht zu nennen wage.
Seine unsterblichen Werke werden Zeugen seiner Herrschaft sein.
Russland schluchzt wie ein verwaistes Land,
gepackt von Furcht und Schrecken, erstarrt es, einem Eisberg gleich.
Du aber, Du allein hast mehr verloren als wir alle.
In diesem Ton geht es hundert Verse lang."
Troyat, S. 191