„Zuchthäusler! Ehrloser Zuchthäusler!“
„Maria Dimitrijewna Issajewna, die Frau eines
trinksüchtigen
Ehemannes. Sie war die Tochter eines Mamelucken Napoleons.
Während
Maria Dimitrijewna in ihrem faszinierenden Äußeren
nichts
von der afrikanischen Abstammung ihres Vaters verriet, sah ihr damals
siebenjähriger Sohn Pawel fast aus wie ein Mulatte.“
Doderer, Otto; Die
Unnachgiebigen,
Verlag Butzon & Berker 1950
„Sie war eine leichtsinnige Person, die man für eine
Französin hielt und die auch fließend
französisch
sprach. Sie hatte lebhafte geistige Interessen und war in der
Kleinstadt der Mittelpunkt der Gesellschaft.“
Ebenda
Maria
Dimitrijewna Issajewna
Dostojewski an seinen Bruder nach anderthalbjähriger
Bekanntschaft mit ihr:
„Diese Dame ist noch jung, 28 Jahre, sie ist schön,
wohlerzogen, sehr klug, freundlich, bezaubernd, graziös und
hat
ein zartes, edles Herz.“
„Maria Dimitrijewna litt gleich ihm (Dostojewski) unter der
Eintönigkeit und dem Stumpfsinn von Semipalatinsk, und seine
Verliebtheit schmeichelte ihr sehr, aber sie hatte weder für
sein
Talent noch seine Wesensart ein tieferes Verständnis und hielt
ihn
wörtlich für einen Mann ohne Zukunft.“
Maurina, Zenta;
Dostojewskij, Maximilian
Dietrich Verlag 1952
Wrangel in seinen Erinnerungen:
„Ich glaube nicht dass sie ihn hoch schätze; sie
hatte
einfach eher Mitleid mit ihm. Es ist auch möglich, dass sie an
ihm
hing, aber verliebt war sie jedenfalls nicht in ihn. Sie wusste, dass
er die Fallsucht hatte und bittere Not litt. (…) Fjodor
Michailowitsch fasste aber ihr Mitleid und Mitgefühl als Liebe
auf
und verliebte sich in sie mit dem ganzen Feuer seiner Jugend.“
F. M. Dostojewski
– Briefe, Piper 1920 S. 267
"Dostojewski schrieb laut Wrangel
`ganze Kladden voll` von Liebesbriefen
an seine erste Frau, wovon nur einer erhalten ist. Auch Marias Briefe
sind verloren gegangen. Zwar erwähnt Dostojewski das
Verhältnis auch wenn er an andere schreibt, aber in diesen
Briefen
wurden ganze Passagen von seiner zweiten Frau Anna Grigorjewna
sorgfältig getilgt."
Kjetsaa, Geir; Dostojewski,
VMA Verlag
Wiesbaden 1985 S. 154
In dem erhaltenen Brief Dostojewskis an Isajewna gibt er mit einem
einfachen Satz, einen sicherlich wesentlichen Beweggrund für
die gleißende Liebe zu ihr: "Allein dass eine Frau
mir ihre
Hand entgegenstreckte, war eine ganze Epoche in meinem Leben." (4. Juni
1855 aus Semipalatinsk)
Schröder, Ralf;
Dostojewski - Briefe Band 1, Insel Verlag S. 115
Dostojewski soll keinen Hehl daraus gemacht haben, dass er von Maria
Liebesbeweise erhielt. So betrank sich sein Freund Wrangel einen Abend
vor der Abreise der Isajews mit ihrem Ehemann, um Dostojewski und ihr
einen angenehmen Abend zu ermöglichen.
„Alle die ihm nahe standen, seine Regimentskameraden, sein
Freund
Wrangel, seine Verwandten und sein Bruder
Michael, rieten ihm von der
Heirat ab.“
Nötzel, Karl;
Dostojewski, H.
Haessel Verlag, 1925 S. 314
Die Hochzeit fand am 3. Februar 1857 in Kusnezk statt.
„Erst nach der Heirat wurde ihm klar, dass sie ihn nie geliebt
hatte. Seit 1958 ist die schwindsüchtige für den Ehemann nur
noch ein Objekt der Fürsorge.“
Hitzer; Briefe Piper Nachwort S. 664
„Maria Dimitrijewna war sehr eifersüchtig. Sie nahm
es als
selbstverständlich hin, dass Dostojewskij ihr jeden Leichtsinn
verzieh. Sie benahm sich feindlich gegen die Verwandten ihres Mannes,
insbesondere Michael, der gegen die Heirat Einspruch erhoben
hatte.“
Maurina, Zenta;
Dostojewskij, Maximilian
Dietrich Verlag 1952 S. 98
„Das leidenschaftliche Temperament Dostojewskis hat die
Begehrlichkeit lebhaft empfunden und ihre Hochzeitsnacht endet mit
einem epileptischen Anfall. Er hat Maria mit Gewalt erobert und er hat
sogar ihre Liebe erzwungen, die doch kein Zwang
erträgt.“
Evdokimov Paul; Der Abstieg
in die
Hölle; Otto Müller Verlag Salzburg, 1965 S. 192
Auf der Rückreise von der Hochzeit erlitt Dostojewski
während
eines Zwischenaufenthaltes in Barnaul einen
schweren epileptischen Anfall, der sie zwang weitere vier Tage dort
auszuharren, bevor es Dostojewskis Gesundheitszustand erlaubte
weiterzureisen. Maria Dimitrijewna war wohl nicht
besorgt oder unruhig, sondern lediglich angewidert.
Barnaul
Auch nach ihrer Heirat:
Sie betrog ihn ständig weiter mit ihrem Liebhaber, der auch
hinter ihnen herfuhr, als Dostojewski nach Twer versetzt wurde.
Vgl. Doderer, Otto; Die
Unnachgiebigen
Sie forderte unentwegt Geld für sich, ihren Liebhaber und
ihren
verkommenen Sohn Pawel. Dostojewski, gab alles was er hatte, borgte
sich Geld bei mehreren Bekannten, lebte in kargster Bescheidenheit.
Nahezu alles Geld ging ohne jegliche Rechenschaft an Maria.
Die letzten 2 Jahre lebten sie getrennt.
„Oftmals soll sie stundenlang schweigend in ihrem Lehnstuhl
gesessen haben und dann plötzlich aufgesprungen und an einer
Wand
hängendes Bildnis hingetreten sein, die Fäuste
geballt und
geschrien haben: `Zuchthäusler! Ehrloser
Zuchthäusler!`“
Nötzel, Karl;
Dostojewski, H.
Haessel Verlag, 1925 S. 389
„Er fuhr voller Mitleid nach Twer und überredete die
Sterbende, mit ihm nach Moskau zu kommen. (. . .) Sie willigte ein, und
Dostojewski pflegte sie den ganzen Winter über, aufopfernd,
bis
sie im Frühjahr 1864 von ihren Leiden erlöst
war.“
Doderer, Otto; Die
Unnachgiebigen,
Verlag Butzon & Berker 1950
Als sich ihre Krankheit verschlimmerte, verbrachte sie den Sommer in
der Provinzstadt Vladimir.
Laut seiner zweiten Frau A. G. Dostojewskaja:
„Fjodor hat seine erste Frau inniglich geliebt. Das war sein
erstes Liebeserlebnis. (...) Hier lernte er zum ersten Male alle Lust
und alles Weh einer wahren Liebe kennen.“
Dostojewskaja A. G.;
Erinnerungen,
Rütten und Loening Berlin 1976
„Eifersüchtig, argwöhnisch
gequält, zeigte sie
sichtlich nur ein unendliches Mitleid für diesen der
Hölle
entkommenen Menschen, der sie mit der ganzen ungestümen
Leidenschaft seiner Liebe überschüttete.“
Evdomikov, Paul; Der
Abstieg in die
Hölle, Otto Müller Verlag Salzburg 1965
„Maria hat das Modell zu mehreren Gestalten seiner Romane
abgegeben. Katharina Iwanowna und „Schuld und
Sühne“ ist ihr besonders ähnlich: sie ist
schwindsüchtig, hoffnungslos arm, hat Wutanfälle und
weint
heiße Reuetränen. (. . .) Sie ging in ihrem Zimmer
auf und
ab und presste die Hände gegen ihre Brust; ihre Lippen waren
trocken, sie atmete kurz und stoßweise. Ihre Augen
glänzten
wie im Fieber und ihr Blick war durchdringend und
unbeweglich.“
Maurina, Zenta;
Dostojewskij, Maximilian
Dietrich Verlag 1952
Maria
Dimitrijewna Issajewna kurz vor ihrem Tod
Nach Ihrem Tode; Dostojewski in einem Brief an seinen Freund Wrangel:
"Oh, mein Freund, sie liebte mich maßlos, auch meine Liebe zu
ihr
war grenzenlos, aber wir waren nicht glücklich . . .
sie
hatte einen leidenschaftlichen, misstrauischen, krankhaften Charakter
und neigte zu Phantasien, aber wir konnten nicht voneinander lassen; je
unglücklicher wir waren, desto fester klammerten wir uns
aneinander. Das mag seltsam klingen, aber es war so. Sie war die
ehrlichste und großzügigste Frau, der ich je in
meinem Leben
begegnet bin."
Ebenda S. 84
Beerdigt wurde sie auf dem Friedhof, auf dem auch Dostojewskis Mutter
beerdigt wurde.
In der Kölnischen Zeitung vom 13.11.1926
findet sich ein kurzer Artikel mit dem Titel "Dostojewskis Leben in
Sibirien". Dort findet man auch Dostojewskis Weggefährten
Wrangel
mit seiner Meinung:
„Am Schicksal Fjodor Michailowitsch hatte sie
leidenschaftlich
teilgenommen und mütterliche Güte bewiesen; dass sie
ihn ganz
gewürdigt hätte, glaube ich nicht, sie hatte einfach
ein
inniges Mitleid mit diesem unglücklichen, vom Schicksal
geschlagenen Menschen. Möglich, dass sie an ihm hing, aber
verliebt war sie bestimmt nicht. Sowohl seine gänzliche
Mittellosigkeit als auch seine `politische Verdächtigkeit` und
seine epileptischen Anfälle schreckten die körperlich
Zermürbte. Hinzu kam die Sorge um ihren einzigen Sohn Pascha
(. .
.)“
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